„Wichtig für uns, dass wir sehr gute Arbeit liefern, um so auch das Vermächtnis unserer Eltern zu wahren“
Der ehemalige Krefeld Pinguine Stürmer Martin Hyun arbeitet seit Januar 2015 als Deputy Sport Manager für Eishockey und Eis Sledge Hockey für die bevorstehenden winterolympischen Spiele 2018 in PyeongChang, im Land seiner Eltern. In der Saison 2004/05 schrieb Hyun als erster koreanischstämmiger Spieler in der DEL deutsche Eishockeygeschichte.
Martin, Du lebst und arbeitest nun seit fast zwei Jahren für den Eishockeybereich der winterolympischen Spielen 2018. Wie sind Deine Eindrücke soweit?
Meine Eindrücke sind soweit sehr positiv. Wir arbeiten sehr hart daran, der Welt zu zeigen, dass Korea als „Nicht-Eishockeynation“ in der Lage ist, Eishockeyspiele auf höchstem internationalen Niveau zu organisieren.
Was ist das für ein Gefühl im Land Deiner Eltern zu sein?
Es ist etwas sehr besonderes für mich, im Land meiner Eltern zu sein. Meine Eltern kamen als Gastarbeiter nach Deutschland. Zu der Zeit galt Korea als Entwicklungsland. Mein Vater kam 1969 und schuftete Untertage und später bei Thyssen Krupp. Meine Mutter kam 1971 und arbeitete bis zur Pensionierung als Krankenschwester. Das ich unter anderen und besseren Umständen in das Land meiner Eltern gehen konnte, war ein besonderer Moment für mich.
Die koreanische und auch die deutsche Herrennationalmannschaft haben sich für Olympia qualifiziert. Wenn es zum Duell zwischen der DEB-Auswahl und Korea kommen sollte – werden zwei Herzen in Deiner Brust schlagen?
Erst einmal bin ich sehr froh darüber, dass beide Mannschaften bei den winterolympischen Spielen 2018 dabei sind. Meine Verbindung zu der deutschen Mannschaft ist natürlich stärker. Franz Reindl ist ein guter Mann für das deutsche bzw. internationale Eishockey.
Wie schätzt Du beide Mannschaften ein? Und was erwartet einen Sportler bei Olympia?
Beide Mannschaften werden sich sicherlich optimal auf das Turnier vorbereiten. Korea und auch die DEB-Auswahl werden gewiss stark auftreten. Deshalb schätze ich beide Mannschaften gut ein. Es scheint sehr optimistisch zu klingen, aber beim Eishockey ist alles möglich. In Korea werden die Spieler nur kurze Wege zurücklegen müssen. Die Entfernung vom Stadion zu der Trainingshalle z.B. beträgt drei Minuten zu Fuß. Sicherheit wird oberste Priorität sein.
Mit Richard Park und Jim Paek hat die koreanische Herrennationalmannschaft, zwei im Ausland lebende Koreaner als Trainerstab angeheuert. Jim Paek war der erste koreanischstämmige Spieler in der NHL. Richard Park war der zweite mit koreanischen Wurzeln in der NHL. In der Saison 2004/05 warst Du der erste koreanischstämmige in der DEL. Was bedeutet es für Dich, mit Jim Paek und Richard Park in Korea für Olympia zu arbeiten?
Für Jim, Richard und meine Person ist es etwas sehr besonderes in Korea für Olympia zu arbeiten. Wie gesagt, es ist das Land unserer Eltern. So ist es sehr wichtig für uns, dass wir sehr gute Arbeit liefern, um so auch das Vermächtnis unserer Eltern zu bewahren.
Vor kurzem wurdest Du vom deutschen Botschafter in Korea zum Empfang für den Tag der Deutschen Einheit eingeladen und trafst dort die koreanische Fußballlegende Bum kun Cha – in Deutschland bekannt als „Cha Bum“. Was bedeutet das Treffen für Dich?
Das war ein tolles Treffen. Cha Bum war der erste Koreaner in der Bundesliga. Er war Wegbereiter für viele koreanische Spieler, die den Weg in die Bundesliga und in andere europäische Ligen gefunden haben. Diese Spieler müssen Cha Bum dankbar sein.
Glaubst Du, dass die NHL bei den winterolympischen Spielen 2018 teilnehmen wird?
Persönlich hoffe ich, dass die NHL bei den winterolympischen Spielen 2018 dabei sein wird. Natürlich hängt dies noch von einigen wichtigen Faktoren ab, die geklärt werden müssen wie z.B. die Versicherungen der Spieler und die Reisekosten. Die NHL und NHLPA waren vor einiger Zeit zu Besuch in Korea und konnten sich einen persönlichen Eindruck über unsere Vorbereitungen verschaffen, der sehr positiv war.
Werden beide Eisstadien rechtzeitig fertig gestellt sein?
Beide Stadien – Gangneung Hockey Centre (Men’s Competition) und Kwandong Hockey Centre (Women’s Competition) werden bis Ende des Jahres fertig gestellt sein. Vom 2. bis 8. April 2017 werden wir zwei Weltmeisterschaften der Division II Gruppe A (U18 und Frauen) in unseren Stadien austragen. Das ist für uns auch gleichzeitig der Testdurchlauf für 2018.
In Gangneung, wo Du lebst, werden bei den winterolympischen Spielen 2018 alle Eisportarten ausgetragen (Eiskunstlaufen, Curling, Speed Skating, Short Track und Eishockey). Kommt in der Bevölkerung so langsam ein Olympia Feeling auf?
Ich denke, je näher es zu den Spielen kommt, desto höher steigt das Olympiafieber.
Du bist ein „Krefelder Jung“, bist in Krefeld geboren und aufgewachsen. Die Pinguine bzw. der KEV feiert in diesem Jahr 80 Jahre Tradition. Was geht Dir durch den Kopf?
Das ist richtig. Ich bin ein Kriewelsche Jung. Geboren und aufgewachsen in Krefeld. Seit meinem fünften Lebensjahr schlägt mein Herz für den Verein. Die Rheinlandhalle war quasi Kindergarten, Schule und Heimat zugleich. Ich erinnere mich an die 057 Busfahrten nach Heimsiegen und Ehrenrunden, bei denen mich einst Uwe Fabig als 5-jährigen auf seiner Schulter mitnahm. Ich erinnere mich an die Striptease Einlagen von Ken Brown zu Frank Sinatra’s New York, New York. Ich erinnere mich, wie ich beim Bundesliga Aufstieg mit den anderen Fans auf die Eisfläche stürmte. Ich erinnere mich an die vielen tollen Menschen, die den Verein maßgeblich mitgeprägt haben. Und so finde ich es toll, dass 80 Jahre KEV nicht nur eine Hommage an die ehemaligen und aktuellen Spieler ist, sondern auch an jene, die mit dem Verein durch dick und dünn gegangen sind.
Du bist Gründer vom Hockey is Diversity e.V. Wofür steht der Verein? Welche Aktivitäten standen bzw. stehen in diesem Jahr an?
Der Verein möchte auf die ethnische Vielfalt in der Gesellschaft aufmerksam machen, die über die sportlichen Grenzen hinausgehen und Menschen interkulturell sensibilisieren. Die Vielfalt, die im Sport schon lange als Bereicherung angesehen wird, soll auch in die Gesellschaft übertragen werden. Der Sport hat im Allgemeinen eine zentrale gesellschaftliche Funktion, die dabei helfen soll, Vorurteile abzubauen und das Verständnis der Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen zu verbessern. Neben der Integration ist der Initiative auch die Förderung benachteiligter Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien ein Vereinsziel.
In diesem Jahr konnten wir bereits zum zweiten Mal die Hockey is Diversity Trophy im Berliner Wellblechpalast austragen. Unser Marketing Chef Jurek Schwarz, ehemals aktiv für den Nachwuchs der Eisbären Berlin, hatte dies in die Wege geleitet. In diesem Jahr nahmen, neben zwei deutschen Mannschaften, Teams aus Schweden, Österreich und Kanada teil. Wie in jedem Jahr wird es auch wieder das Hockey is Diversity Winter Classic mit unseren Freunden, den Hofer Eishärnla geben. Der Erlös des Hockey is Diversity Winter Classic Game geht an den Verein Schutzhöhle e.V.
Seit 2004 besuchst Du mit prominenten Freunden wie Daniel Pietta, Anne Poleska-Urban, Aline Focken die Kinderkrebsklinik in Krefeld und das an jedem Heiligabend um die Kinder zu bescheren. Was bedeutet die Aktion für Dich und was war Dein Beweggrund dies zu starten?
Die Verbindung zu der Klinik kam durch meine Mutter. Damals als Pinguine Spieler wollte ich mit gutem Beispiel vorangehen. Spieler kommen und gehen. Ich habe die Identifikation der Spieler mit der Stadt vermisst. Aber als gebürtiger Krefelder liegt mir die Stadt am Herzen. Auch heute noch bin ich der Auffassung, dass die Spieler sich neben dem Eishockey engagieren müssen, egal in welcher Form. Ich bin sehr dankbar, dass ich viele Mitstreiter finden konnte wie z.B. Daniel Pietta, Stadionsprecher Kristian Peters-Lach, Patrick Pöhler und viele weitere, die diese Aktion seit Anfang an unterstützen. Natürlich danke ich auch den vielen Firmen, Spielzeugwarenhändlern und persönlichen Unterstützern, die uns jedes Jahr mit Sachspenden versorgt haben und weiterhin versorgen werden. Es ist immer wieder schön, durch die Aktion ein Lächeln auf die Gesichter der Kinder zaubern zu können.
http://hockey-news.info/de/hockey-is-diversity-olympia-2018-in-pyeongchang-martin-hyun-im-interview/